KONZEPT ZUR SPRACHLICHEN UND GESELLSCHAFTLICHEN INTEGRATION VON FLÜCHTLINGSKINDERN UND JUGENDLICHEN
Umgang mit Vielfalt erfordert ein „sich Öffnen“, ein weitläufiges und vielfältiges Denken und vor allem ein gemeinsames Tun.
Mit unserem standortübergreifenden Konzept gehen wir einen neuen Weg in der schulischen Zusammenarbeit. Schulentwicklung findet gemeinsam statt. Wir sind überzeugt, dass in der heutigen Zeit der Vernetzung und Globalisierung auch im schulischen Kontext nur ein konstruktives Miteinander mehrerer Schulen mit ähnlichen Rahmenbedingungen, der Schlüssel für eine erfolgreiche und zukunftsweisende pädagogische Arbeit ist.
Im Herbst 2015 wurden die Mittelschulen in Dornbirn vor eine neue Herausforderung im Umgang mit Vielfalt gestellt: es waren 50 notgeflüchteten Kindern und Jugendlichen aus den unterschiedlichsten Herkunftsländern auf die einzelnen Schulen zu verteilen. Dieser Herausforderung wollten wir uns als Mittelschule Baumgarten gemeinsam mit unseren Partnerschulen in Dornbirn stellen. Unser gemeinsames Ziel war es, standortübergreifend Rahmenbedingungen zu schaffen, die nach den Bedürfnissen und Besonderheiten der notgeflüchteten Kinder ausgerichtet sind. Im ersten Schritt erstellten wir einen Organisationsplan bzgl. Aufteilung der notgeflüchteten Kinder und lösten die Sprengelgrenzen auf. Im zweiten Schritt entwickelten wir ein gemeinsames Konzept zur sprachlichen und gesellschaftlichen Integration von notgeflüchteten Kindern. Dieses wurde dann an den einzelnen Schulstandorten von engagierten Pädagoginnen und Pädagogen in die Praxis umgesetzt.
Im vergangenen Schuljahr 2022 habe wir dieses Konzept ergänzt und adaptiert, um auf die Aufnahme von ukrainischen Kindern und Jugendlichen bestmöglich vorbereitet zu sein.
ORGANISATION UND FÜHRUNG
Auf Schulleiterebene finden regelmäßige Teamsitzungen zu folgenden Themen statt: Organisation des DI-Unterrichts, Besprechen und Austausch von Unterrichtsmaterialien, Organisation von Vernetzungstreffen aller DI-Lehrpersonen im Verbund.
An den einzelnen Standorten sind die DI-Lehrerteams für die praktische Umsetzung des Konzeptes verantwortlich. Hierbei werden sie von dem Schulleiter:innen unterstützt. Mit gemeinsamen Fortbildungen wird das Konzept stetig weiterentwickelt und die Unterrichtsqualität optimiert.
Die intensive Zusammenarbeit der Schulleiter:innen im Verbund, der DI- Lehrpersonen an den jeweiligen Standorten und aller Kolleginnen und Kollegen tragen wesentlich zur gelingenden Umsetzung des gemeinsamen Konzeptes bei.
SPRACHLICHE INTEGRATION
Soziale und gesellschaftliche Integration setzt sprachliche Integration voraus. D.h. die Basis der deutschen Sprache muss möglichst schnell erlernt werden und das funktioniert nur durch fundierten „Deutsch als Zweitsprache“ (D intensiv) Unterricht. Das Konzept Deutsch als Zweitsprache zu unterrichten, unterscheidet sich wesentlich vom Deutschunterricht. Deutsch als Zweitsprache ist ein Fremdsprachenunterricht wie zum Beispiel Englisch, Französisch oder Spanisch und muss deshalb auch anders konzipiert werden und von entsprechend geschulten Pädagoginnen und Pädagogen vermittelt werden. An den einzelnen Standorten sind ausgebildete DI Lehrpersonen, die mit ihrer Expertise und mit ihrer Erfahrung die notgeflüchteten Kinder und Jugendlichen entsprechend ihrem Leistungs- und Entwicklungstandes bestmöglich fördern.
UNTERRICHTSQUALITÄT, LERNEN UND LEHREN
Bei der methodischen Umsetzung des DI-Unterrichts wird auf eine binnendifferenzierte Unterrichtsgestaltung besonders Wert gelegt. Diese ist notwendig und effizient, um den notgeflüchteten jungen Menschen mit ihren unterschiedlichen individuellen Lern-, Entwicklungs- und Sozialisationsvoraussetzungen gerecht zu werden. Der Unterricht wird so geplant, dass ein gemeinsamer, verbindlicher Basisstoff (Basiskurs) von allen erreicht werden kann und ein vielfältiges Zusatz- und Förderangebot individuell bestmögliche Lern- und Leistungswege auf den jeweiligen Qualitätsstufen (A1, A2, B1, B2) bietet. Durch die Auswahl unterschiedlichster Unterrichtsmethoden wird ein situationsadäquates und auf die Bedürfnisse der Notgeflüchteten abgestimmtes Lernumfeld im DI-Unterricht gestaltet.
UNTERSTÜTZUNGS- UND BEZIEHUNGSSYSTEME
Mit der Entwicklung eines Unterstützungs- und Beziehungssystems werden die Grundprinzipien einer Pädagogik der Vielfalt realisiert.
Im Schulverbund Dornbirner Mittelschulen/PTS stehen folgende Systeme der schulischen Begleitung zur Verfügung:
Die Hereinnahme von ukrainischen Studentinnen und Studenten und/oder Pädagoginnen und Pädagogen zur Unterstützung sowohl der Schülerinnen und Schüler als auch der Lehrpersonen erachten wir als sehr wertvoll. Diesbezüglich wurde von Seiten der Schule bereits Gespräche mit der Bildungsdirektion geführt und Kontakte zu ukrainischen Studentinnen hergestellt. Ziel ist es, mit einem breit angelegten Netz an Begleitmaßnahmen notgeflüchteten Kindern sowie Jugendlichen in ihrem Entwicklungsprozess sowohl auf der kognitiven, der sozialen als auch auf der emotionalen Ebene zu unterstützen.
SCHULPARTNERSCHAFT UND AUSSENBEZIEHUNG
Ergänzt wird die intensive Betreuung jedes einzelnen Kindes und Jugendlichen durch die Hereinnahme von außerschulischen Experten und Systempartnern (Bildungsdirektion, Stadt Dornbirn, Büchereien Dornbirn, Vereine Dornbirn, IFS, Lehrbetriebe) hinsichtlich Begleitung und Unterstützung im außerschulischen Rahmen.
Die intensive Zusammenarbeit und die Kooperation mit externen Fachleuten tragen wesentlich zum Gelingen unseres Konzeptes „Vielfalt leben“ bei. Die Teamarbeit und der entsprechende Erfahrungsaustausch werden von allen Systempartnern als große Bereicherung empfunden.
PROJEKTE UND VERANSTALTUNGEN ZUR GESELLSCHAFTLICHEN INTEGRATION
Folgende Projekte mit allen ukrainischen notgeflüchteten Kindern und Jugendlichen an den einzelnen Standorten sind geplant:
Zudem möchten wir im Sinne der Nachhaltigkeit allen notgeflüchteten Kindern und Jugendlichen die Sport- und Freizeitangebote in Dornbirn näherbringen. Diesbezüglich hat uns die Stadt Dornbirn ihre Unterstützung zugesagt. (Tourismus Dornbirn, Schulsportkarte)
„Dorabirarisch gschpielt“ Spielprojekt – traditionelle Gesellschaftsspiele
In der Atmosphäre eines Lerncafes treffen sich alle notgeflüchteten jungen Erwachsenen zu gemeinsamen Spielenachmittagen und erlernen für Dornbirner typische Gesellschaftsspiele. An den Spieltischen werden die Kinder und Jugendlichen an diesen Nachmittagen von gleichaltrigen, regelkundigen Mentoren betreut. Im Sinne einer gelungenen Integration ist das Ziel dieser Veranstaltungsserie neben dem Erlernen von Spielen und der damit verbundenen Kommunikation, vor allem das Gemeinschaftserlebnis und die Freude.
„Vielfalt leben“ heißt alle Dimensionen von Heterogenität in den Blick zu nehmen und sie als Chance und Anregungspotential zu betrachten. Mit unserem Konzept möchten wir aufzeigen, dass neue Dimensionen von Heterogenität, in unserem konkreten Fall, die Hereinnahme einer neuen Schülergruppe – den notgeflüchteten Kindern und Jugendlichen - auch neue Türen in der Schulpartnerschaft und Schulentwicklung öffnen können.
Dir. Ulrike Mersnik, MA und das Kollegium der Mittelschule Baumgarten